+

12.04.2021 Aus der Praxis, M4_Lab

Beteiligung in städtischen Quartieren

Zivile Akteurinnen und Akteuren an Stadtplanungsprozessen beteiligen - das ist die Aufgabe, der sich das M4_Lab widmet. 

Das M4_Lab arbeitet an der Beteiligung in städtischen Quartieren (Quelle: M4_Lab)
Das M4_Lab arbeitet an der Beteiligung in städtischen Quartieren (Quelle: M4_Lab) | Das M4_Lab arbeitet an der Beteiligung in städtischen Quartieren (Quelle: M4_Lab)

Die Herausforderung

Wie können zivile Akteurinnen und Akteuren in ihren Stadtquartieren beteiligt werden, wenn es um die Planung, Gestaltung und Nutzung der Quartiere und ihrer öffentlichen Räume geht? Mit dieser Herausforderung beschäftigt sich das M4_Lab. Voraussetzung für eine Beteiligung ist hierbei nicht nur eine informierte Bürgerschaft, sondern auch Akteurinnen und Akteure, die aktiv am Geschehen in ihrem Stadtteil teilnehmen und interagieren.

Die Lösung

Für das M4_Lab war klar: Um die Beteiligung an Partizipationsprozessen über die üblichen Formate hinaus zu erweitern, sind neben dem Einsatz digitaler Werkzeuge auch aktivierende Strategien vor Ort notwendig. Das verfolgt das M4_Lab mit unterschiedlichen partizipativen Ansätzen, die sich in zwei städtischen Quartieren manifestieren: In der Böckinger Straße in Stuttgart-Rot wurde mit dem „Labor Experimenteller Stadtraum“ ein zivilgesellschaftliches Experiment zur Untersuchung und Förderung der sozialen Interaktion in der Nachbarschaft gestartet. Und in der Stuttgarter Gemeinde Weilimdorf fand die im Projekt entwickelte digitale Partizipationsplattform einen ersten kooperativen Anwendungsfall.

Die Umsetzung

Das „Labor Experimenteller Stadtraum“ an der Böckinger Straße, wo die bestehende Nachbarschaft durch die Entstehung von 300 neuen Wohneinheiten deutlich erweitert und somit verändert wird, setzte das M4_Lab in zwei Etappen um. Mit dem Ziel Interaktion und Aktivitäten in der Nachbarschaft zu fördern, entwickelte ein transdisziplinäres Team aus Architektinnen, Stadtplanern sowie Wirtschaftspsychologinnen zunächst vier nach dem Stadtteil benannte „Rotkäppchen-Kioske“. Diese wurden binnen einer Woche vor Ort konzipiert, gebaut und im Zuge eines Aktionstages durchs Quartier geführt. In einem darauf aufbauenden Seminar setzten Studierende die Kioske im Wintersemester 20/21 erneut als kommunikative Aktion gemeinsam mit lokalen Akteurinnen und Akteuren ein.

Im zweiten Partizipationsprojekt wurden zusammen mit der Stadt Stuttgart, der STEG sowie verschiedenen Mitarbeitenden des M4_Lab die Gestaltung und die zu zeigenden Inhalte auf der Beteiligungsplattform diskutiert und auf die individuelle Situation in Weilimdorf angepasst. Mit dem Ergebnis können Nutzerinnen und Nutzer aus der Vogelperspektive auf ein plastisches virtuelles Modell von Weilimdorf schauen. Das wirkt für viele anschaulicher als ein gewöhnlicher flacher Stadtplan. Die zivilen Akteurinnen und Akteure können durch den virtuellen Raum navigieren und an markierten Stellen mit einem Klick Informationen über denkbare Nutzungen erhalten. Die STEG organisierte die Beteiligung an der Planung in Weilimdorf und warb mit Plakaten für die Nutzung der Beteiligungsplattform. Außerdem wurde die Plattform über das Portal „Stuttgart - Meine Stadt“ verlinkt. Während der Projektlaufzeit von drei Monaten nutzten so etwa 500 Personen online die Plattform und nahmen an der darüber gehosteten Umfrage teil.

Das Fazit

Die transdisziplinäre Verbindung von Lehre und Forschung und die Umsetzung von konkreten Ideen in Aktionen hat einen direkten Einfluss auf die Arbeiten an der HFT Stuttgart. Durch die neue Interaktion mit zivilen Akteurinnen und Akteuren ist der HFT Stuttgart ein neues Transferformat gelungen. Der direkte Austausch und die gemeinsame Zusammenarbeit mit lokalen Akteurinnen und Akteuren bieten den Studierenden zum einen nahbare Eindrücke in ihr Projektgebiet, zum anderen fördern sie auch Initiative und Verantwortungsgefühl für das Projekt. Das Interesse und das Engagement der Studierenden wiederum bewirkt bei den zivilen Akteurinnen und Akteuren ein Gefühl der Wertschätzung und Bereitschaft, sich am Projekt zu beteiligen. Im Fall der Kioske wurden diese nach dem Seminar durch die Evangelischen Gesellschaft übernommen und für die Nachbarschaft im Quartier weiter eingesetzt. Die Ergebnisse der digitalen Partizipation zeigen, dass die Teilnehmenden sich, anders als befürchtet, über alle Altersgruppen erstreckten. Auch die bereits vermutete Wichtigkeit von Interface und Nutzungserlebnis der Plattform wurde bestätigt. Die neue Form der Online-Bürgerbeteiligung eröffnet neue Anwendungsmöglichkeiten für die Stadt Stuttgart mit viel Potential für die Zukunft.